Werdegang

 

Zuerst möchte ich mich meinen Lesern persönlich vorstellen und kurz erklären, wie ich zum Hobby Eisenbahn in Vorbild und Modell gekommen bin.

Geboren wurde ich 1966 in Klötze, einer beschaulichen Kleinstadt in der westlichen Altmark. Dort lebe ich nun schon über vierzig Jahre zufrieden mit meiner Familie. Nach Schule, Abitur und technischem Hochschulstudium leite ich heute unser privates Zweiradgeschäft in dritter Generation. Diese andere, historische interessante Geschichte gibt es unter:

www.zweirad-juergens.de

 

Infiziert mit dem Eisenbahnvirus hat mich zu 100% mein Vater. So erhielt ich schon in früher Jugend, beginnend ab 4 Jahre, regelmäßig zu Weihnachten neue oder überarbeitete Modellbahnanlagen, mal in HO und dann auch wieder in TT. Bedingt durch die gute handwerkliche Ausführung dieser größeren festen Anlagen, wurde ich spielerisch an die Detail-Liebe meines Vaters und vorbildnahen Fahrbetrieb herangeführt. Früh fixierte ich mich dann auf die Modellgröße 1/87. Entgegen vielen anderen Kindern habe ich die Lust daran nie verloren, sondern meinen Modellbahnhorizont von Kind an stets erweitert. Zu Zeugnissen oder zu bestandenen Prüfungen gab es dann im Kindesalter stets zur Belohnung einen neuen PIKO-Wagen oder sonstige Modellbahnprodukte aus dem ortsansässigen HO-Spielzeugladen. Man kannte uns eben!

 

Natürlich durfte der Kontakt zum Vorbild nie fehlen. Klötze bot damals umfangreichen Eisenbahnverkehr mit Haupt- und Nebenbahn. Nach Feierabend meines Vaters 16.45 Uhr ging es für uns mit dem Fahrrad immer zum Kleinbahnhof. P 9117 auf KBS 210k Klötze-Kalbe/Milde war unser tägliches Ziel. Die ELNA 91 wirkte auf mich faszinierend und gemeinsam wurde die Abfahrt abgewartet. Wo auch immer in der DDR - meinen Vater und mich zog es magisch zur Eisenbahn! Viele Exkursionen, Fahrten und Fototouren wurden gemeinsam durchgeführt.

 

In den siebziger Jahren war der Bahnhof in Klötze bei allen Kindern ein beliebter und oft besuchter Ort. Durch den regen Güterverkehr gab es immer wieder Neues zu sehen und das stundenlange Rangieren der Dampfloks war schon beeindruckend. Oft wurde ich von Lokpersonalen in die nahegelegene HO-Gaststätte "Altmärker Hof" geschickt, um für sie Carena, eine DDR typische Brause in kleiner 0,33l Flasche, zu holen. Diese wurde dann zu meinem Erstaunen im Tender zur Kühlung versenkt. Als Belohnung gab es dann mal eine Schlusscheibe oder man durfte mal auf die Lok. Die Personale waren durch die langen Fahr- und Rangierzeiten doch sehr hohen körperlichen Belastungen ausgesetzt. Bei diesen Bahnhofsbesuchen erlebte ich noch die BR 91 ELNA, BR 52 Altbau, BR 50 Reko, BR 41 und als Krönung die BR 03. Die BR 64 war auf unserer Strecke auch eingesetzt, lief aber nur im beschleunigten Personzugdienst in Tagesrandlagen. Fotografiert wurde zu dieser Zeit nicht, da dieses streng verboten war und die Fototechnik fehlte.

 

1980 begeistertet mich die große Mai-Sonderfahrt der Rbd Magdeburg nach Klötze. Zeitgleich waren in Klötze 5 Dampflokomotiven und mein Drang nach einem eigenen vernünftigen Fotoapparat, um solche Motive selber aufnehmen zu können, stieg. Meine Eltern bewilligten den Kauf der hoch gehandelten Einstiegs-Spiegelreflexkammera der DDR, einer EXA 1b, für über 250,- Mark. Fatal war jedoch der Glaube, dass man für so viel Geld auch einen hochwertigen Fotoapparat erhält! Die EXA war für Eisenbahnfotografie völlig unbrauchbar! Mit einer minimalen Belichtungszeit von nur 1/175 s, ohne Prismensucher und ohne internen Belichtungsmesser waren gute, scharfe Aufnahmen (siehe folgende Bilder) sehr selten. Die wichtigen Jahre 1980-1983 versaute ich mir mit dieser Gurke!

 

Die Ergbnisse beim Fotografieren mit der EXA entsprachen einfach nicht meinen Vorstellungen! Da zeigte mir mein Eisenbahnfreund Jürgen Hartmann aus Klötze eines Abends seinen selbst gedrehten Super 8-Schmalfilm von der besagten Mai-Sonderfahrt. Dieser Film hat mich damals (wie auch heute noch) schwer begeistert. 1981 ermöglichten mir Erich Honeckers neue offene Außenpolitik zu Japan und meine Geldgeschenke zur Jugendweihe einen neuen Durchstart! Honecker brachte nun neben wenigen Mazda PKW, Aiwa Kassettenrecordern und anderen hochwertigen Konsumgütern, 1981 von seinen japanischen Freunden 10.000 hochwertige Sankyo Super 8 EM-30 Filmkameras mit. Eine davon wurde meine! Jetzt sollte es mit meinen bewegten Bildern steil bergauf gehen, doch die Rechnung hatte ich ohne den Wirt gemacht! Die teuren, russisch beschrifteten, ORWO Filmkassetten waren im Korn zu grob, starken Qualitätsschwankungen unterworfen und harmonierten nicht gut mit der westlichen High-End Technik.

 

1982 kam dann endlich das Fahrrad in die Ecke und man konnte mit dem Simson Moped nun andere unbekannte Orte erreichen. Doch die wenige Freizeit (wir hatten damals auch Samstags Schule) verbrachte ich nun mehr auf Feten und Diskos, da die Mädels immer interessanter wurden. Überraschend kam dann 1983 das Dampflokverbot auf meiner Hausstrecke, welches mich verstärkt wieder zum Fotografieren annimierte. Zufällig lernte ich dann auch noch Karl-Heinz Siebke, den Autor von Altmarkdampf, in Klötze bei der Fotojagd nach 52 8179 kennen. Seinem umfangreichen Wissen in Punkto Eisenbahnfotografie verdanke ich dann auch meine größten Fortschritte in der Fototechnik. 1984 wurde mein 50ccm Simson gegen eine 150ccm MZ getauscht. Das ermöglichte mir jetzt auch schnelle Züge zu verfolgen und in andere Gebiete vorzustoßen. Mein Hauptfotogebiet blieb jedoch die Altmark, ergänzt durch öftere schöne Touren ins Harzvorland und an die Mecklenburger Seen um Plau. Die Fähigkeit sich in unbekannter Umgebung nach Karte sowie Zeitvorgabe aus Kursbuch und Buchfahrplan frei zu orientieren, wurden dadurch besonders geschult und ist mir bis heute erhalten geblieben. Kein Feldweg war vor mir sicher! Die meisten meiner Fotostellen wurden direkt mit dem Motorrad angefahren und allein zu DDR Zeiten war ich über 30.000 km damit unterwegs.

 

Nach den zahlreichen Fehlinvestitionen in die Fototechnik unternahm ich zu Weihnachten 1984 den entscheidenen Schritt und schenkte mir eine Praktika MTL 5 mit Innenbelichtungsmessung und 1/1000s minimaler Verschlußzeit für 850,- Mark. Den ersten Dia-Film in dieser Kamera werde ich nie vergessen! Gleich nach den Festtagen ging es nach Miesterhorst, um zu schauen was die Oebisfelder 41-iger so machen. Steht doch da 41 1033-4 im besten Licht mit einem seltenen Hilfszug mit schwerem Eisenbahndrehkran! 36 Bilder waren schnell gemacht - doch Zuhause wich die Freude über das seltene Fotoglück! Ich hatte meinen ersten Film zu kurz eingelegt, so dass dieser nicht transportiert wurde. In den folgenden 8 Jahren arbeitete dieser Fotoapparat (und die baugleiche Praktika TL 1000) zu meiner vollen Zufriedenheit und ermöglichte mit gutem Filmaterial sehr gute Aufnahmen. Nach der Wende 1989 stieg ich rechtzeitig auf die hochwertige Canon EOS 5 um und heute fotografiere ich natürlich mit Canon EOS 5D Digital.

 

Mein größtes Problem war jedoch der Faktor Zeit. Da der Niedergang der Dampftraktion bei der DR genau zum Zeitpunkt meiner Schul- und Abiturzeit ( Samstag war bis 13 Uhr Schule!) vollzogen wurde, hatte ich praktisch nur am Samstag Nachmittag und Sonntag zum Fotografieren Zeit. Doch da fuhr so gut wie gar nichts! Ein kurzes Beispiel aus dem Jahr 1985 mit wie viel Aufwand man das Hobby betrieb. Um wenigstens den letzten Oebisfelder 41-er Umlauf zu fotografieren fuhr ich schon vor 6 Uhr von Klötze nach Mieste ( 20 km) um P 6413 6.23 Uhr bei noch dünnem Licht auf Film zu bringen. Danach fuhr ich direkt ins 33 km entfernte Beetzendorf zur Erweiterten Oberschule Karl Marx (heute Gymnasium), um pünktlich 7.15 Uhr zum Schulbeginn dort zu sein. 53 km für nur ein 41-er Foto! Heute bin ich froh so verrückt gewesen zu sein und freue mich um so mehr über die unwiederbringlichen Aufnahmen. Fotomäßig hatte ich 1986 dann bedingt durch den Grundwehrdienst bei den Grenztruppen der DDR fast einen Totalausfall.

 

1987 verschlug es mich zum technischen Hochschulstudium für 5 Jahre nach Magdeburg. Viele altmärkische Dampfloks folgten mir irgendwie magisch in die Bezirksstadt. Für mich gings aufwärts für die Loks allerdings stark abwärts. Die stolze BR 41 verheizte man in Rothensee und die letzte Salzwedeler 50 in Buckau. Da beim Studium etwas zeitliche Variabilität vorhanden war, besuchte ich öfters die umliegenden BW`s wie Rothensee, Buckau, Eilsleben, Oschersleben, Staßfurt, Haldensleben oder Wernigerode und dokumentierte das dortige Dampfende. In Magdeburg erlebte ich live auch die Wende und den Untergang der BR 118.

 

Für mich Altmärker vergrößerte sich mein Heimatkreis Klötze durch den Novemberumschwung 1989 um fast ein Drittel, da die bewachten Sperrgebiete vor der Grenze aufgehoben wurden. Unbekannte, eigentlich vor der Haustür liegende Bahnhöfe wie Buchhorst, Kunrau, Bonese oder auch Weferlingen konnten erstmals in meinem Leben betreten werden. Beeindruckend auch meine ersten Fotos vom Eisenbahnknoten Oebisfelde. Im Dezember 1989 wagte ich mich erstmalig und noch völlig unsicher hinter die Zonengrenze, um die stark gesicherte Einfahrschneise im Bild festzuhalten.

 

Der geheimnisvolle unbekannte Bahnhof Oebisfelde reizte mich besonders. Fotos oder Gleispläne vom großflächigen BW fehlten zu DDR Zeiten völlig und man hatte keine Vorstellung wie die Heimat der BR 41 und der allgegenwertigen U-Boot-Flotte überhaupt aussah. Im Dezember 1989 waren die Spuren der Dampftraktion noch vorhanden, aber bereits im folgenden Frühjahr 1990 kam der Schneidbrenner emsig zum Einsatz. So erlebte ich in der euphorischen Wendezeit zum Glück noch die letzten Einsätze der 52 8132-4 im regulären Heizlokeinsatz im stilechten BW Oebisfelde. Diese Szenerie hat mich dann auch so beeindruckt, dass ich ab 1998 begann das BW Oebisfelde auf meinem Dachboden in 1/87 nachzubauen.

 

Nach der Wende habe ich schöne Hobbyjahre im Eisenbahnverein Oebisfelde erlebt und genossen. Viele Touren wurden mit 50 3606-6 unternommen und mein Eisenbahnhorizont damit ständig erweitert. Bis heute bin ich regelmäßig mit dem Fotoapparat in der Altmark unterwegs um Besonderheiten, aber auch den gewöhnlichen Eisenbahnverkehr zu dokumentieren. Ob die letzten Fahrten der Kleinbahn, der Abschied der Reichsbahn 118, die Fahrt des letzten U-Bootes, das Ende der typischen Ferkeltaxis und auch der untypische Einsatz der DB 218 bei uns - ich habe es versucht für die Nachwelt stimmungsvoll festzuhalten.

 

Heute wird der Eisenbahnverkehr in der Altmark geprägt durch hochmoderne Neubaustrecken im Kontrast zu ungenutzter zerfallener alter Eisenbahn-Infrastruktur. Auch die letzten wenigen, noch vorhandenen, historischen Eisenbahnbauwerke in der Altmark werden in den nächsten Jahren unwiederruflich verschwinden! Dennoch ist besonders der Güterverkehr auf den Neubau- und Ausbaustrecken, durch das Erstarken von privaten Anbietern, bunt und wieder abwechslungsreich geworden. Das Fotografieren macht mir deshalb auch im Jahr 2008 noch reichlich Spaß und bringt Abwechslung in mein Leben.

 

Stets blieb ich auch der Modellbahn treu, auch wenn ich keine Anlage aus Platzmangel aufbauen konnte. Die Zeitschrift "Eisenbahn Kurier" war immer meine ersehnte Monatslektüre und so blieb ich auch bei der kleinen Spur stets am Ball. 1998 ergab sich dann durch einen Dachbodenausbau die Gelegenheit, im Spitzboden unseres Hause den Traum zu verwirklichen. Seit dieser Zeit forme ich ein Abbild der Altmarkeisenbahn in 1/87. Schwerpunkt bildet dabei der Umbau von handelsüblichen Bausätzen und Modellen zu Altmarkmodellen, wie ich sie "life" vor der Tür erlebt habe. Dabei bin ich kein "Nietenzähler" aber grundlegende Sachen müssen einfach stimmen!

 

Die Krönung meines Hobbys ermöglichte mir meine Familie als Geschenk zum 40. Geburtstag. Im September 2007 ging es für 14 Tage in den Harz, um den Umgang mit dem Regler einer 99.72 auf Brockentour zu erlernen! Sauberes Anfahren und gleichmäßiges bergab - Bremsen will schon gekonnt sein und ist besonders schwierig! Ich hab es voller Stolz nach Tagen geschafft und konnte durch den intensiven Schichtdienst auf der Lok viele technische Zusammenhänge besser begreifen und nutzbringend als neues Wissen mit nach Hause nehmen.

 

Hiermit möchte ich meinen kleinen persönlichen Rückblick beenden und hoffe, dass Sie mich nun ein bißchen virtuell kennengelernt haben. Viel Spaß wünsche ich Ihnen nun beim Betrachten der Eisenbahn-Galerien!

 

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