KBS 757 Salzwedel-Stendal

5.Seite

Die damals neue Fußgängerbrücke zwischen Wahrburg (rechts) und Stendal-Stadtsee (links) überspannt bis heute wunderschön die westliche Ausfahrt von Stendal. Von hier hat man die drei auslaufenden Hauptstrecken nach Oebisfelde, Wittenberge und Salzwedel bestens im Blick. Dabei steigen die beiden letzteren stark an, um über das Oebisfelder Gleis zu kommen. Auch 50 3618-1 müht sich mit ihrem langen N 62724, mit dem sie gerade aus dem Güterbahnhof ausgefahren ist, die Rampe rauf. 24.08.1987

 

Bis 1990 war der Zutritt ins abgezäunte Bw Stendal für Hobbyfotografen ohne Reichsbahnausweis unmöglich. Erst im April 1990 gelang mir meine erste Drehscheibenaufnahme hier vor Ort mit der Oebisfelder Heizlok 50 3649-6 vor dem riesigen Ringlokschuppen 1.

03.11.1990

 

Auch am 31.12.1990 war ich zur Stelle als 50 3695-9 hier gedreht wurde. Zum Jahreswechsel 90/91 und 91/92 feierten noch Ost und West gemeinsam ausgelassen in neuer Freiheit die Jahreswende. 1990/91 befuhr der Silvester Party Zug (mit Tanz-, Speise und Gesellschaftswagen) die klassische Altmarkrunde Oebisfelde-Stendal- Salzwedel-Oebisfelde.

Markant waren in Stendal die großen Seitenbeschriftungen "Bahnbetriebswerk Stendal" des riesigen Rundschuppen 1. Diese wurden unmittelbar nach "Machtergreifung" der DB stillos mit brauner Farbe übermalt. Bis ca. 1992 waren die Unterhaltungsanlagen für Dampfloks in Stendal noch funktionsfähig.

03.11.1990

Die elegante BR 41 und das Bw Stendal gehörten Jahrzehnte untrennbar zusammen. Sie war hier für die Personale die 01 des Nordens! Gut ist auf diesem Bild auch die große mittlere Sektion des Ringlokschuppens zu sehen. In diesen langen Ständen gab es auch eine Durchfahrmöglichkeit zur Bekohlung und in den gesamten hinteren Bw Bereich.

Der Ringlokschuppen 2 war teilzerstört und 2/3 der Gleise wurden offen genutzt. Somit standen auch die Heizloks stets unter freien Himmel. Hier nimmt 50 3606-6 gerade vorm Schuppen 2 an einem der vielen Wasserkränen Wasser, um danach auf Scheibe 2 gedreht zu werden.

12.12.1991

Am 25.05.1985 ermöglichte ein Loch im Maschendrahtzaun mir im hinteren Betriebsgelände Eingang und die Möglichkeit die letzten Reste der Stendaler Dampftraktion abzulichten. Ängstlich fotografierte ich 50 3702-3 dann auch nur geschützt gegen die Sonne! Die Loks standen in der Nähe der Lehrwerkstatt am hinteren Wasserturm in mitten der riesigen Kohlebansen und dürften bald darauf verschrottet wurden sein. 50 3702-3 war die letzte einsatzfähige Reko 50 des Bw Stendal.

 

Auch die letzte Stendaler Starlok 50 3678-5 war dabei und stand etwas günstiger im Licht. Sie war bedingt durch den Schneeräumer und die geraden Windleitbleche der BR 52 schon eine besondere optische Erscheinung und wurde gern fotografiert. Die unterschiedlichen Altbaubeiwagen der BR 190 und 195 waren hier noch zahlreich vorhanden und wurden meistens als Dienstwagen zweckentfremdet genutzt.
Völlig unerwartet wurde die Haldenslebener 52 8076-3 im Oktober 1984 als Heizlokreserve nach Stendal umgesetzt. Um Dieselkraftstoff im 120er Plan zu sparen, kam sie jedoch in der Est. Rathenow des Bw Stendal kurzfristig in den Zugdienst. Als die Salzwedeler 110 742-4 im östlichen Bahnhofskopf umsetzt, tauchte am eisigen 10.02.1985 auch der N 62736 aus Rathenow hier auf.
52 8076-3 war somit die letzte eingesetzte Stendaler Dampflok und pendelte 1x pro Tag mit ihrem Nahgüter zwischen Stendal und Rathenow. Im Juni 1985 kam sie nach Oebisfelde, wo sie 41 1231-4 im Zugdienst ersetzen sollte! Oebisfelder (Rentner-) Personale verweigerten jedoch den Dienst auf dieser nicht standesgemäßen Lok. Der Zugdienst der 52 8076-3 in den Jahren 1985/1986 in Oebisfelde war daher sehr sehr selten, ist aber bestätigt.
Im Februar 1985 hatte ich leider wieder keinen Diafilm dabei, als ich das Treiben der letzten Reko 52er in Stendal s/w fotografierte. 52 8076-3 hat nach Drehfahrt im Bw die Rückleistung nach Rathenow übernommen und 52 8171 eilt in den westlichen Güterbahnhof, um N 62724 nach Salzwedel an den Haken zu nehmen. Damals experimentierte ich mit der Eigenentwicklung von s/w Filmen, was mir aber nicht so richtig gelang und diese schlechten Filme hervor brachte.
Leider wurden die normalen Hauptbaureihen des Bw Stendal damals nur selten fotografiert. Taigatrommeln der BR 120 und Holzroller der BR 242 waren hier als Arbeitstiere in größerer Stückzahl unbeachtet beheimatet. Der alte Steuerwagen der BR 195 kam 1992 aus Brandenburg nach Stendal, um in Oebisfelde wieder betriebsfähig aufgearbeitet zu werden. Das kühne Projekt ihn mit einer altmarktypischen DR Dampflok der BR 64 (eine gab es noch in Frankfurt/O) für Touristikfahrten auf altm. Nebenstrecken einzusetzen, verlief nach Streitigkeiten 1994 leider im Sand!
Anfang 1993 stand eine der letzten 228 (Bw Brandenburg) im Bw Stendal abgestellt. Der linke Scheinwerfer war schon defekt und ich glaube sie diente hier nur noch als Beschäftigungstherapie der überzähligen Reichsbahner, die in dieser Zeit ihre eigenen Grundmittel/Fahrzeuge verschrotteten.
Nach der Schließung aller anderen Bahnbetriebswerke in der Altmark (Oebisfelde und Salzwedel) wurde Stendal zum "Auffanglager" aller noch vorhandener Triebfahrzeuge.
1997 gab es dann hier alle Varianten der U-Boote, doch richtige Züge so gut wie keine mehr. Die 219 wurde jetzt auf der schnellen Regionalbahnlinie Rathenow-Oebisfelde-Braunschweig vor kurzen Zügen regelrecht verheizt!
Noch schlechter war es um die BR 110/112 (201/202) bestellt. Für sie blieb nur noch der Nahgüterverkehr mit wenigen Wagen über, so dass der Betriebsbestand auf wenige Maschinen geschrumpft war. Das 1998 noch arbeitende Raw Stendal spuckte dann ab und zu eine modernisierte Version, wie hier die 202 822-3 aus. Sie war eine von nur 20 202ern, die noch im Juni 1998 das neue Farbschema erhielt!
Hier treffen im Bw Stendal wohl zum letzten Mal die beiden bedeutesten Altmarkloks zufällig zusammen. 119 004 tauchte in der Altmark 1982 als erste ihrer Baureihe auf, verbreitete in Werkstatt und Betriebsdienst Angst und Schrecken und wurde dennoch zur jahrelangen Lieblingslok des Oebisfelder Bw Chefs Olbrich! 41 1231-4 genoß in gleicher Dienststelle als letzte "Mikado" noch von Anfang 1985 bis Mitte 1986 einen Sonderstatus als begehrtes Einzelstück! "004" hätte es verdient gehabt in irgend einem Eisenbahnmuseum erhalten zu werden!
Glück hatte auch der erst 1989 ausgemusterte 195 622-6, der seine vielen "Geschwister" hier überlebte. Jahrelang lief er hinter einer Kleindiesellok der BR 102.1 auf der Strecke nach Arendsee als typisch altmärkischer Personenzug, bevor er als Aufenthaltsraum im Bw Stendal genutzt wurde. Dann wurde er dem DMV der DDR übergeben und versteckt vor das Sozialgebäude des Bw (eckige Haus im Hintergrund) für die Modellbahnfreunde als Hobbyraum gestellt. 1997 wurde er dort rausgezogen, lauffähig gemacht und in Richtung Süden abtransportiert.
Im gesamten Außenbereich löste sich nach der Wende die alte Reichsbahn förmlich von selbst auf und überall lag und Stand Schrott. Die riesigen Kohlebansen an der Westseite des Bw Stendal waren dann auch schon entfernt, aber die alten Krane noch vorhanden. Im Sommer 1997 war 202 539-3 bereits Z gestellt. Das sie die Wirren der Zeit überleben sollte, war für mich damals undenkbar.
An der östlichen Scheibe 2 bot sich ein ähnliches Bild. Heizloks am riesigen Schornstein sind keine mehr vorhanden und einsatzfähig sind nur noch 202 266-3, 202 127-7 und 232 018-2. Die ausgeblichene 202 337-2 war bereits ausgemustert und wurde noch 1998 in Oebisfelde zerlegt. Auch alle anderen Fahrzeuge auf diesem Bild sollten die nächsten Jahre nicht mehr überleben.
An Festtagen, wie hier am Sachsen-Anhalt Tag 1997, nutzte man das aufgeräumte Gelände an der Drehscheibe 2 für Bahnhofsnahe Ausstellungen der DB. 1996/1997 kam gerade die neue orientrote Farbversion mit weißen Latz in Mode. 232 677-5 und 219 040-3 waren noch fast RAW frisch, als man sie im Sommer hier stolz präsentierte. Schon Ende 1997 wurde diese Lackierung verworfen und wieder geändert!
Zur Jahrtausendwende blühte das Bw Stendal durch die Unterhaltung der letzten modernisierten Ferkeltaxis noch mal auf. Alle Fahrzeuge des nördlichen Sachsen-Anhalt wurden hier zentral gewartet. Mit dem weiteren Sterben von kleineren Bahnstrecken, war dann auch diese positive Phase bereits 2003 wieder vorbei.
Für die zentrale Triebwagenunterhaltung im Bw Stendal wurde jahrzehnte lang immer dieser selten fotografierte 3 ständige Segment Schuppen an der Drehscheibe 2 genutzt. Die ASF Schlepper hatten für diesen Einsatz Scharfenbergkupplungen!
Im und am baufälligen Ringlokschuppen 2 standen sehr oft die Unfallfahrzeuge des Bw Stendal, die hier als Ersatzteilspender ausgeschlachtet wurden. Die Triebwagen wurden dabei sehr oft bei zahllosen Unfällen, an den unzähligen unbeschrankten Wegübergängen, durch Kollisionen mit Straßenfahrzeugen beschädigt.
Glück hatte die Stadt Stendal mit dem Verkauf des maroden RAW Stendal 2001 an den französischen Alstom Konzern. Dieser baut hier jetzt aus alten Dieselloks der BR 201, 202 und 212 kostengünstig moderne Umbaufahrzeuge auf und umgeht so die Kosten für teure Neuzulassungen. Dazu wurden aus ganz Deutschland Unmengen von Spenderfahrzeugen nach Stendal geschafft. Nur eine von diesen endlosen Lokschlangen steht hier am 31.12.2002 im verweisten Güterbahnhof, der noch mit Relikten aus der DR Zeit dekoriert ist. "518" kam übrigens aus Frankfurt/O!
Das Bw Stendal war auch Heimat von mehreren Akku Schleppfahrzeugen (ASF) unterschiedlicher Bau-, Kupplungs- und Farbausführungen. Das grüne ASF 125 genoß dabei wohl eine Sonderstellung. So war an diesem Fahrzeug groß zu lesen: " In persönlicher Pflege durch Koll. Mastmeyer - jeden 2. Mittw. planmäßige Instandhaltung"
Mit der Auflösung des Bw Stendal Ende 2005 und dem Abbau der Unterhaltungsanlagen für die Diesellokwartung wurde der jahrelang in die feste Rheostatanlage verkleidet eingebaute Beiwagen 190 835-8 des Bw Salzwedel Anfang 2006 wieder frei gelegt. Dieser wohl letzte Zeitzeuge der altmärkischen Kleinbahnen sollte nach Buchhorst kommen, doch dem neuen Eigentümer fehlte wohl das Geld für die Überführung per Straße. Heute kann man nur noch hoffen, dass dieses Fahrzeug erhalten bleibt!
Ab 1998 begann man in Stendal mit der Wartung und Beheimatung der hier völlig unbekannten BR 218, die hier die U-Boote der BR 219 vor den Reginalbahnen zügig verdränkten. Ostdeutsche Eisenbahnfreunde fotografierten diesen ungeliebten "Westimport" hier so gut wie nie! Für mich bot sie bis 2005 dann die letzte Möglichkeit Dieselloks der Staatsbahn vor Zügen in unserer Region stimmungsvoll in Szene zu setzen. Hier steht 218 102-2 im Herbst 2005 nochmals wunderschön vor der alten Lokleitung in Stendal. Auch der Schutzraum gegen Bombenangriffe war noch beschriftet vorhanden!
Mit dem Fahrplanwechsel Anfang Dezember 2005 war dann in Stendal entgültig Schluß und alle Wagen und Loks der klassischen Regionalbahnen wurden sofort abgezogen und auf andere Dienststellen im Westen verteilt. Bedingt durch einen Defekt, der erst Mitte Dezember repariert war, kam der 218 108-9 die Ehre zu, als letzte Lok überhaupt das ehrwürdige Bw Stendal selbständig zu verlassen. Bis zum Jahreswechsel wurde das gesamte Gelände dann entkernt und geräumt! Heute wird im westlichen Außengelände nur noch eine Tankstelle für die Triebwagen der BR 642 unterhalten. Das war es dann in der Altmark!

 

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  Eisenbahn in der Altmark