Eisenbahn in Klötze

Da Klötze mein Heimatort ist, widme ich dieser ruhigen Kleinstadt in der westlichen Altmark eine Extraseite. Klötze wurde 1144 (41 1144-9 hatte damit zahlenmäßig hierher einen Bezug) gegründet und liegt in einem Talkessel des Flusses Purnitz. 1889 an die Eisenbahn angeschlossen, bildete die Stadt genau den Mittelpunkt an der staatlichen Nebenstrecke Oebisfelde-Salzwedel. Klötze war zu DDR-Zeiten Kreisstadt mit den typischen Behörden und Verwaltungen. Die Eisenbahnerstadt Oebisfelde war in den Kreis Klötze eingebunden. Das Betreten von ca. 1/3 der Fläche des Kreises war durch das Grenzgebiet zur BRD strengstens verboten und wurde stark durch "Schutzorgane" überwacht. Klötze war zusätzlich bis 1970 Endpunkt der verstaatlichten Altmärkischen Kleinbahn AG von Kalbe/Milde aus. Betriebstechnisch besaß der Bahnhof 3, durch einen hübschen Wasserturm, gespeiste Wasserkräne und eine kleine Lokbehandlungsanlage mit Kohlebansen für die Nebenbahn. Im Bahnhof befand sich zusätzlich ein SKL-Schuppen, der von der zentralen Bahnmeisterei genutzt wurde. Signaltechnisch gab es nur die vereinfachte mechanische Sicherung mit Einfahrsignal und ohne Streckenblock. 1987 wurde auf russische EZMG-Relaisstellwerkstechnik mit Vor-, Haupt- und Lichtausfahrsignale mit Streckenblock umgestellt. Kritisch war für Güterzüge stets die beidseitige Tallage des Bahnhofes. Ausfahrten scheiterten bei Grenzlast auch mit der BR 41 öfters. Heute ist der Bahnhof ein Schandfleck und das Streckengleis bis Oebisfelde bereits abgebaut.

Da ich in den Jahren 1980/81/82, wie im Werdegang beschrieben, noch mit der Fototechnik experimentierte präsentiere ich hier auf der ersten beiden Seiten vorwiegend die Bilder meines Klötzer Eisenbahnfreundes Jürgen Hartmann, dessen Vater als Fahrdienstleiter auf dem Bahnhof arbeitete und das Fotografieren duldete. So bekamen wir auch die wertvollen Informationen über Sonderleistungen usw. die sonst nicht weiter gegeben wurden und als Geheimsache behandelt wurden.

Der Mann, der uns offen und warmherzig an die Eisenbahn in Klötze heran führte! Eisenbahner aus Leib und Seele!

† Wilhelm Hartmann

Kurz vor seinem Tod hat Herr Hartmann noch hochinteressante Memoiren schriftlich niedergeschrieben. Wie seine Lehrzeit im Krieg bei der Bahn in Oebisfelde, Entwicklung der Bahnlinie, aber auch die Ereignisse der letzten Kriegstage um Klötze mit Absturz des legendären Düsenjägers ME 262 am Bahndamm am Ziß!

Bild: J. Hartmann

Stadtseitige Bahnhofsansicht mit Bahnhofsvorplatz.

Großzügige preußische Architektur mit Bahnwärterhaus, Mitropa, Warteraum, großer Güterabfertigung, Lade-, und Viehrampe.

Bild: J. Hartmann

 

Gleisseitige Bahnhofansicht.

2 Personengleise mit Bahnsteig aus schräger Kiesschüttung und 2 Gütergleise - mehr gab es hier nicht! 118 053-8 kam 1982 aus Gera neu in die Altmark, um die BR 50 im BW Oebisfelde zu ersetzen, wurde jedoch hier nicht heimisch und schon 1983 in die Lausitz weiter gereicht.

Bild: J. Hartmann

Markantes Bauwerk des Bahnhof Klötze war das mechanische Befehlsstellwerk Ks an der Südausfahrt. Im Zuge des Umbaus der Sicherungsanlagen auf sowjetische Relais-Signaltechnik 1986/87 wurde es leider abgerissen!

Bild: J. Hartmann

An der Nordeinfahrt gab es die Bahnmeisterei mit diversen kleinen Schuppen, alten Wagenkästen und Anbauten. Der Wasserkran war bis 1980 funktionsfähig und wurde auch hin und wieder genutzt. Im Hintergrund die Konservenfabrik der OGS.

Bild: J. Hartmann

Klötze hatte eine recht große zentrale Wasserversorgungsanlage für Dampflokomotiven. Durch die Mittelpunktlage der Strecke Oebisfelde-Salzwedel und dem Endpunkt der Kleinbahn war diese auch notwendig. 2 Einheitswasserkräne standen am Hauptgleis und dieser schöne Kleine an der Nebenbahn.

Hier mal ein reines winterliches Szeneriefoto vom Bahnhof Klötze mit abfahrbereiten Personenzug mit Dampflok der BR 41 nach Salzwedel. Der Heizer hat gut aufgelegt, um den Spitzendruck im Kessel zu erreichen, da auch die nörliche Ausfahrt eine Rampe bildete. Solche Rauchwolken sollten durch geschickte Feuerführung des Heizers besonders in Bahnhöfen vermieden werden und waren unerwünscht!

Bild: J. Hartmann

Die nördliche Einfahrt von Salzwedel kommend, lag in einer starken Gefällestrecke und wurde von einem schönen Formsignal mit Gittermast abgesichert. 110 471 war auch nur kurz auf dieser Strecke 1984 eingesetzt. P 6453 war eine Stammleistung dieser Baureihe.

Bild: J. Hartmann

Nördlich vor dem Bahnhof lag der Kleinbahnhof der 1945 enteigneten Altmärkischen Kleinbahn GmbH. Links im Bild ist auch noch der funktionsfähige Wasserkran mit langem Einlaufrohr für die ELNA-Dampfloks der BR 91 mit tiefen Wasserkästen zu sehen. Er speiste noch bis 1985 die Gieskannen der umliegenden Kleingärtner! Die im Winter 82 nach Salzwedel mit P 6450 ausfahrende 41 1055-7 passiert den beschrankten Bahnübergang der Straße Klötze-Beetzendorf und rechts die Kleinbahnanlagen mit sich anschließender Weinkellerei.

Ab 1983 wurden fast alle P-Züge mit der BR 110 gefahren. Einsätze im Güterzugdienst blieben die seltene Ausnahme und mußten fotografiert werden. 110 229 war eine jahrelange Planlok des BW Salzwedel und meistens gut gepflegt.

Bild: J. Hartmann

Nach Salzwedel ausfahrender Nahgüterzug mit 50 3684.

Es ist 11.46 Uhr als Dg 50811 Wittenberge -Oebisfelde mit 50 3577-9 im Sommer 1982 Klötze planmäßig durchfährt. Links im Bild der Klappkasten, in dem sich die elektrische Betätigung für die Schranken in Richtung Salzwedel befand. Von draußen, mit Blickkontakt zur 100m entfernten Straße, wurde die Schranke dann durch den Fahrdienstleiter betätigt.

Bild: J. Hartmann

Wiederum der selbe Güterzug aber gut ausgeleuchtet am 24.12.1982. Die gut gepflegte, ex Neubrandenburgerin 50 3508-4 erlebte nur einen Winter bei uns, bevor sie schon 1983 als Heizlok verendete.

Die vielen Durchgangsgüter- und Umleiterzüge auf unserer Strecke dienten als Entlastung für die stets volle Nord-Süd-Magistrale Magdeburg-Wittenberge mit Anbindung an die Ostseehäfen. Auch strategisch für den "Kriegsfall" war die Umfahrung der Hauptstrecke vorteilhaft.

Bild: J. Hartmann

Nur 50 m weiter bot sich dieser Fotostandpunkt an. Der Fahrdienstleiter hat mit der Kelle dem Dg Durchfahrt erteilt und grüßt nun das Salzwedeler Personal der 50 3681-9. Sie war übrigens die letzte Reko 50 die Salzwedel verließ, als schon alle Reko 52 in Betrieb waren. Die Staatsflagge am Mast stimmt auf den 7. Oktober, den Tag der Republik, ein.

Bild: J. Hartmann

Sicher eines der schönsten Bilder von Bahnhof Klötze ist dieses hier, da es direkt aus dem täglichen Arbeitsalltag der Reichsbahner stammt. Bahnhof Chef Walter Dietz hat hier mit der Kelle die Durchfahrt Zp 9 dem täglichen Oebisfelder Durchgänger Dg 53710 erteilt und kontrolliert jetzt noch den Zug auf Unregelmäßigkeiten!

Bild: J. Hartmann

Die Beetzendorfer Kleinlok 101 535-3 diente auch öfter als Abschleppfahrzeug. Hier hilft sie der 50 3681-9 mit Schieberschaden am rechten Zylinder vorm Nahgüter zurück nach Salzwedel.

Bild: J. Hartmann

Arbeiter und Schülerzug war P 18335. Er brachte besonders Berufsschüler aus Salzwedel sowie aus Beetzendorf die Abiturienten und dortigen Lehrer zurück in ihre Heimatdörfer. Im Jahr 1982 stets eine sichere Dampfleistung des BW Oebisfelde. Auch ich nutzte diesen Zug zwei Jahre lang täglich. Die Sitzplätze reichten nie aus!

Bild: J. Hartmann

4 Stunden später kam dann der reine Arbeiterzug P 6457 bespannt durch das BW Salzwedel. Hier mit 50 3508-4 einen Tag vor Weihnachten 82. Selten sind Aufnahmen bei schlechtem Wetter, da das Filmaterial dann Bewegungen nicht scharf wiedergeben konnte. Dennoch hat gerade solch eine Szene ihren gewissen Reiz.

Bild: J. Hartmann

P 18335 wurde erst mit der BR 50, dann 1983 mit der BR 41 und ab 1984 mit der BR 110 oder BR 118 gefahren. Typisch waren auch ab 1983 die 3 Bghw-Wagen im Zuglauf, die den alten Bag-Wagen im Komfort 100% überlegen waren.

Bild: J. Hartmann

Fotos von nördlich, in Richtung Salzwedel fahrenden Zügen waren schwierig, so dass oft besonders gute Tenderaufnahmen wie hier von 50 3531-6, BW Oebisfelde, entstanden. Maschinen dieses BW waren meistens gut gepflegt und auch Lokschilder zu erkennen.

Bild: J. Hartmann

Kreuzung von P 6453 mit N 62714 mit 50 3684-3 im Sommer 1982. Salzwedeler Loks waren oft stark verschmutzt und ungepflegt. Oft konnte man die Ordnungsnummern nicht mal erkennen! 50 3684-3 scheint aber in ihrer 2 stündigen Pause in Oebisfelde etwas mit Putzöl behandelt wurden zu sein. 110 350-6 überlebte die BR 50 hier nicht und wurde als erste Salzwedeler Lok 1983 in die BR 112 umgebaut und in den Harz abgegeben.

Bild: J. Hartmann

Ohne störendes Gegenlicht waren gute Aufnahmen aus nördlicher Richtung möglich. In der Abendämmerung steht 41 1231-4 vor P 6448 Thale-Magdeburg- Salzwedel mit dem aus 10 Bghw-Wagen bestehenden schweren Zug abfahrbereit.

Bild: J. Hartmann

P 6448 wurde fast immer mit der BR 41 gefahren. Jahrelang typisch an diesem Zug war auch der Altbau-Halbgepäckwagen hinter der Lok. Die sehr seltene 41 1130-8 hat hier im Mai 1981 mit diesem Zugklassiker Klötze erreicht.

Bild: J. Hartmann

Die Dampf-Idylle war 1982 jedoch trügerisch! Immer öfter tauchte die BR 118 in den Dampfplänen auf. Hier ersetzt 118 080, übrigens die dritte 118 die 1977 nach Oebisfelde kam, eine 41 am P 6450. Das quadratische helle Haus im Hintergrund ist der Bahnhof der Kleinbahn nach Kalbe/ Milde.

Bild: J. Hartmann

Rangiert wurde in Klötze täglich stundenlang und aufwendig, da ja nur wenige Gleise vorhanden waren. Zusätzlich wurden ständig dabei die beiden beschrankten Bahnübergänge in der Nord- und Südausfahrt befahren. Die Schranken gingen dabei im Minutentakt rauf und runter. Bei dem heuteigen Verkehr wäre soetwas nicht mehr vorstellbar! In besten Zeiten standen zwei Nahgüter gleichzeitig im Bahnhof zur Abfertigung und der Personenverkehr lief zusätzlich! 50 3681-9 zeigt sich hier ausgesprochen gut gepflegt am Salzwedeler Ng.
Kurze Zeit später ist auch der Oebisfelder Nahgüter an selber Stelle mit rangieren beschäftigt. Übrigens die Parabol Antenne am Gebäude hinter dem Tender war keine SAT-Anlage (die verunzierten erst ab 1990 sämtliche Häuser im Osten)! Das war das Gebäude der SED Kreisleitung - der Klötzer "Kremel". Im Volksmund "Faultierfarm" genannt, wegen der Aktivität der hier arbeitenden obersten Genossen. Mit dem nach Berlin ausgerichteten Spiegel wurden bestimmt geheime Daten zur Zentrale der Partei übertragen.

Ungünstig war für die Genossen auch die Lage ihrer Machtzentrale. Die Dampfloks nebelten das Gebäude ständig regelrecht ein. Vielleicht auch ein Grund des plötzlichen Dampfendes 1984, saß doch auch der SED-Funktionär für Verkehrswesen des Kreises, hier!

41 1079-7 kehrte nach ihrer Z-Stellung aus dem Schrott in ihr zweites Leben mit einem seltenen Ölrückbautender einer ausgemusterten Öl-44 Ende 1981 hauptuntersucht aus Meiningen nach Obisfelde zurück. Im Mai 82 stand die wunderschöne Lok in Klötze mit ihrem Ng.

 

Pünktlich 14.06 Uhr fährt P 18335 mit der ungepflegten Oebisfelder 50 3690-0 eindrucksvoll ab. Es sollte einer ihrer letzten Einsätze in der Altmark sein, den einige Tage später wurde sie, wie fast alle ihrer Schwestermaschien, nach Dresden abgegeben.

Bild: J. Hartmann

Aus dem Stellwerk Ks waren sehr schöne Aufnahmen "von oben" möglich und die Eleganz einer 41 kommt besonders gut hervor. Deutlich ist hier der Platzmangel bei regen Güterverkehr zu sehen. Abgestellte Ganzzüge (hier rechts und links vom Ng) brachten sehr oft den Fahrplan erheblich durcheinander.

Bild: J. Hartmann

Einer der wohl bekanntesten Oebisfelder Lokführer, Fred Schliewe, hier auf 41 1137-3 beim Rangieren auf dem beschrankten Bahnübergang der Straße Klötze-Immekath. Im Hintergrund die Gleise der BHG und des Kohlehandels. Fred Schliewe fuhr nach der Wende fast alle Sonderzüge mit der 50 3606-6 der Oebisfelder Eisenbahnfreunde, ein Verein der damals rührig den historischen Eisenbahnverkehr vielen Menschen auf zahlreichen Sonderfahrten näher brachte.Bild:

J. Hartmann

 

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